mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank AG: Monatlicher Kapitalmarkt-Standpunkt von Kai Jordan, Vorstand
DGAP-News: mwb fairtrade Wertpapierhandelsbank AG / Schlagwort(e): Sonstiges Der erste Mann auf dem Mond… Monatlicher Kapitalmarkt-Standpunkt von Kai Jordan, Vorstand der mwb Wertpapierhandelsbank AG …spielen Kinder oft im Winter, wenn sie die erste Spur im frischen Pulverschnee hinterlassen. Sie kommen sich vor wie Neil Armstrong, als er am 21. Juli 1969 unbekanntes Terrain betrat. Genauso ist die derzeitige Situation in den Kapitalmärkten. Es gibt keine vergleichbare Situation in der Geschichte, aus der man Lehren und Erfahrungen zur Analyse heranziehen könnte. Das es gerade die Zentralbanken sind, die hier ins Ungewisse voranschreiten müssen, darauf haben wir u.a. in den Standpunkten „in die Falle getappt“ und „Auf Turkey“ immer wieder hingewiesen. Zwar bekräftigte Lagarde die Entschlossenheit der EZB die Fragmentierung zu verhindern – notfalls würde man „bestehende Instrumente anpassen oder neue auflegen“. Aber konkrete aktuelle Maßnahmen in dieser Richtung verkündete Sie nicht. Die Reinvestitionen der fällig werdenden Staatsanleihen könnten notfalls hochflexibel im Kampf gegen die Fragmentierung eingesetzt werden. Kann man die aktuellen 2,35 Prozent Spread nicht schon längst als Fragmentierung ansehen? Die italienischen, deutschen und griechischen Renditen konnten im Vergleich zum Stand kurz vor der EZB-Entscheidung immer weiter zulegen. Die Verschuldung der Südländer in der Eurozone wird nun immer teurer und teurer. „In die Falle getappt“. Die Investoren in zahlreichen Assetklassen ziehen sich zunehmend in den „Risk-Off-Modus“ zurück. Die Pleiten oder Restrukturierungen bei Start-ups die vor kurzen noch abenteuerliche Milliardenbewertungen erreichten stehen hier nicht alleine. Auch an den Aktienmärkten haben nicht nur Small-Caps und einst hochbewertete Technologiewerte sondern mittlerweile auch die großen Indizes eine ordentliche Bremsspur hingelegt. „Auf Turkey“. Wer direkt oder indirekt in den letzten Jahren in die um die Nullmarke rentierenden neuen und vermeintlich sicheren Bundesanleihen investiert hat, kann sich heute über Kursverluste je nach Laufzeit von 10 % bis zu 30 % bei den Langläufern „freuen“. Hier kann man nur noch renditefrei auf die Rückzahlung warten. Und dass bei den aktuellen Inflationsraten der Realzins diese Investments zum Desaster werden lässt, liegt auf der Hand. Auch bei den guten Mittelstandsbonds wurden hier- und da einige Prozentpünktchen abgezogen. Aber diese Anleihen hängen eben weniger an einer Benchmark als an erfolgreichen Geschäftsmodellen und in der Liga der guten Bonds bleibt trotz leichtem Kursverlust am Ende des Jahres noch aufgrund eines nennenswerten Kupons ein nominales Plus übrig. So lässt sich die unschöne Inflation schon besser verschmerzen. Die sozialen Effekte der explodierenden Preise sind immens. Bei den Beziehern niedriger Einkommen frisst die Inflation sehr schnell alle disponiblen Beträge und auch darüber hinaus auf. Die Versuche der Bundesregierung hier durch Interventionen gegenzusteuern, erscheinen nicht sonderlich wirksam. Wenn aber die Kapitalmärkte den Glauben verloren haben, dass die EZB einen einheitlichen europäischen Zinstrend noch hinbekommt, ohne die Kontrolle über die Inflation zu verlieren, dann gibt es nur eine Möglichkeit, den derzeitigen Haupttreiber für die Entwicklung der Preise zu stoppen. Der Krieg muss so schnell wie möglich enden. Denn neben dem unendlichen menschlichen Leid, dass hier angerichtet wird, sind die Effekte eben Gift für Menschen und Märkte. Die Sanktionen schmerzen die Russen sicher, aber ihre Wirkung wird relativiert, weil man die betroffenen Rohstoffe einfach nach China oder Indien verkaufen kann. Die Gegner haben sich in der Ukraine in einem langwierigen Artilleriekrieg verbissen. Eine Friedenslösung kann nur am grünen Tisch erzwungen werden und dafür ist es leider erforderlich, dass die russische Position so weit wie möglich geschwächt wird. So bitter es einer pazifistischen Grundhaltung entgegensteht, dass erreicht man leider nicht mit heißen Reden oder Telefonaten. Die Ukraine muss schweres Gerät bekommen in hinreichendem Umfang. Hier beginnt der Groll der Staaten in West- und Osteuropa. So schreibt Spiegel Online im Kommentar „Drückeberger Deutschland“: „Statt als gestaltender Akteur und Schutzmacht für Osteuropa aufzutreten, produziert die Bundesregierung faule Kompromisse und verbales Leergut. Es mangelt an historischem Ehrgeiz.“ An Ehrgeiz mangelte es dem Bundeskanzler aber nicht, als er im Februar kurz vor dem Einmarsch zum Antrittsbesuch nach Moskau eilte, um Putin zu sprechen. Was immer dann Inhalt dieser Gespräche war. Doch neben dem Altkanzler sind auch weitere prominente Vertreter der Sozialdemokratie wie Sigmar Gabriel weiter im Dialog mit ranghohen russischen Vertretern. Als ehemaliger Wirtschaftsminister für explodierende deutsche Waffenexporte nach Nordafrika verantwortlich ist er nun auf einmal gegen solche Exporte in die Ukraine. Ob diese Haltung tatsächlich nur aus Sorge um eine Ausweitung des Konflikts mit nuklearen Waffen herrührt, wollen wir hier nicht weiter beurteilen. Aber gerade in der Ampelkoalition gibt es eben auch andere Stimmen. So titelte der Spiegel vor kurzem „die Olivgrüne“ über die einstige Friedenspartei. Die Wähler scheinen das zu goutieren – die Grünen ziehen in den jüngsten Umfragen an der SPD vorbei. Wie immer es kommt, dieser Krieg muss ein baldiges Ende finden. Die Auswirkungen auf die Menschen in der Ukraine aber auch im Rest der Welt sind katastrophal. Und wer sich aus welchen Gründen auch immer gegen eine effektive Unterstützung der Ukraine wehrt ist für die desaströse Entwicklung für Menschen und für die Kapitalmärkte mitverantwortlich. Denn hier ist man nicht „der erste Mann auf dem Mond“. Wir denken hier in der Tradition Helmut Schmidts.
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